Stadtfotografie


Dem Thema „Fotografieren in der Stadt“ sind Anleitungsbücher, Websites und Workshops gewidmet. Es werden Hinweise gegeben, um Aufnahmen machen zu können, die besser sind als die Erinnerungsfotos der Touristinnen und Touristen oder die professionellen Ansichtskarten einer Stadt. Mit meiner Fotografie möchte ich die (Groß-)Stadt aus soziologischer Perspektive abbilden.

Martin Kohler, Forscher und Dozent für Stadtfotografie an der HafenCity Universität (HCU) Hamburg, beschreibt diese Intention in einem Interview: 


„Die Stadtfotografie ist viel weniger eindeutig definiert als bspw. Architekturfotografie. Tatsächlich ist es stilistisch ein hybrides Feld, welches Mittel und Arbeitsweisen aus unterschiedlichen fotografischen Genres nutzt, hauptsächlich aus Architekturfotografie, Streetphotographie und dem Bildjournalismus. Im Mittelpunkt steht die Darstellung einer Stadt oder eines Teils von Stadt als sozial-räumliches System. Also als holistische Einheit aus Menschen und Räumen. Dies beinhaltet das Straßenleben, Rituale und Bedeutungszuschreibungen genauso wie Gebäude, Parks und Straßenräume dazugehören um eine Stadt im Sinne eines Portraits darzustellen.“

Quelle: Raumnachrichten.de (letzter Zugriff am 7.7.2023).


Um das fotografische „Portrait einer Stadt“ aufzunehmen, genügt der einmalige Besuch im Rahmen einer „Sightseeing-Tour“ nicht. In ihrem Vorwort für das Buch „Stadtfotografie Berlin“ stellt Dorothea Cremer dazu fest:


„Stadtfotografie heißt für uns mehr als nur sporadisches Vorgehen und lediglich auf eine bestimmte Verwertbarkeit ausgerichtete Fotografie. Wir meinen eine auf Kontinuität ausgerichtete Arbeit, die einen Bezug zur Zeit herstellt und die jeweilige Stimmung einfängt; idealerweise eine Fotografie, die lesbar ist als Chronik einer Stadt und als eine individuelle Interpretation der jeweiligen Künstler/innen.“

Quelle: Neue Gesellschaft für Bildenden Kunst (Hrsg.): Stadtfotografie Berlin, 1989, S. 6.


Idealerweise ist Stadtfotografie also nicht nur ein Portrait, sondern auch die bildliche Chronik einer Stadt. Am ehesten gelingt dies wohl in der Stadt, in der die Fotografin / der Fotograf lebt und über einen längeren Zeitraum fotografiert. Solche Arbeiten werden jährlich in Hamburg mit dem „Georg Koppmann Preis für Hamburger Stadtfotografie“ prämiert. Vergeben wird der Preis von der Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH) zusammen mit der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen. 


„Die ausgezeichneten Projekte sollen eine eigenständige fotografische Perspektive auf die Stadt als Lebensraum und Wohnort einer diversen Stadtgesellschaft deutlich machen und sich mit den Entwicklungsprozessen einer modernen und vielfältigen Metropole auseinandersetzen.“

Quelle: Eyes on Hamburg – SHMH (zuletzt abgerufen am 7.7.2023)


Diese Zielsetzung entspricht eher meinem Vorhaben der Stadtfotografie aus soziologischer Perspektive. Fotos aus verschiedenen Städten sollen einzelne Themenfelder der Stadtentwicklung und des Lebens in der Stadt zeigen. 

Mit der Festlegung auf die Stadtfotografie möchte ich mich von der so genannten „Street Photography“ abgrenzen. Ich gehe nicht mit der Kamera auf die Straße, um dort zu fotografieren, sondern nehme auf meinen Spaziergängen in der Stadt die Kamera mit, um meine Beobachtungen bildlich festzuhalten. So wie Franz Hessel in seinem wunderbaren Buch „Spazieren in Berlin“ (zuerst 1929) seine Eindrücke mit Stift und Notizbuch festgehalten hat.