Im April waren meine Frau und ich wieder in Potsdam. In den wenigen Tagen seit unserem letzten Aufenthalt hatte sich die Natur eindrucksvoll verwandelt. Der Frühling war eingezogen: Im Park Sanssouci erblühte das junge Grün, und erste Blüten setzten farbige Akzente. Die zahlreichen Skulpturen waren inzwischen von ihren hölzernen Schutzhüllen befreit und leuchteten im Sonnenlicht.
Bei einigen Figuren lohnt sich der fotografische Blick auf die Details.
Jüterbog ist eine Stadt im Bundesland Brandenburg mit einer gut erhaltenen historischen Altstadt. Sie gehört zu den 31 Städten mit historischen Stadtkernen in Brandenburg, die sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen haben, um den Erhalt und die Vermittlung ihres baukulturellen Erbes zu fördern.
Jüterbog gilt als die zweitälteste Stadt des Landes und weist mehrere mittelalterliche Siedlungskerne auf, die bis heute strukturell und städtebaulich unterscheidbar sind. Stadtmauern, Türme und Tore zeugen von der mittelalterlichen Wehrhaftigkeit und veranschaulichen die historische Bedeutung der Stadt.
Seit 2016 ist Jüterbog Mitglied der Europäischen Route der Backsteingotik. Die Bauwerke aus dieser Epoche verweisen auf die frühere Funktion als bedeutendes Handelszentrum. Besonders hervorzuheben sind drei Klöster, drei große Stadttore, zahlreiche Wehrtürme sowie das älteste Rathaus Brandenburgs.
Wir sind mit dem Zug von Potsdam angereist. Vom Bahnhof führt ein gut ausgebauter Weg entlang eines Wasserlaufs in etwa 30 Minuten in die Altstadt. Der sogenannte „Schönwetterweg“ bot bei unserem Besuch angenehme Bedingungen. Die Altstadt ist in ihrer Struktur gut erhalten und bietet vielfältige architektonische Eindrücke, von denen ich einige fotografisch festgehalten habe.
Am Tag unserer Rückreise checkten wir nach dem Frühstück aus dem Hotel in Potsdam aus und fuhren mit dem Zug nach Berlin. Die Fahrt in Richtung Duisburg war erst für den Nachmittag geplant, sodass sich ein ausgedehnter Spaziergang in der Hauptstadt einrichten ließ. Ziel war das Hansaviertel, das ich bereits im März fotografisch erkundet hatte. Bei diesem Besuch galt mein besonderes Interesse dem sogenannten „Eternithaus“.
Im Anschluss an meinen ersten Aufenthalt im Hansaviertel hatte ich das Buch "Das Hansaviertel. Ikone der Moderne" von Stefanie und Carl-Georg Schulz (2008) sowie die Broschüre "Eternithaus im Hansaviertel Berlin" von Jürgen Tietz (2004) erworben, um die fotografierten Motive inhaltlich zu vertiefen und in ihren architektur- und stadtgeschichtlichen Kontext einzuordnen.
Die Stadtfotografie bildet den zentralen Schwerpunkt meiner fotografischen Arbeit. Berlin nimmt in diesem Zusammenhang eine besondere Stellung ein. Meine fotografische Herangehensweise bewegt sich zwischen den Polen der Architekturfotografie und der Street Photography, wobei der Fokus eindeutig auf architektonischen Strukturen liegt. Es geht mir nicht darum, Menschen im öffentlichen Raum gezielt zu fotografieren, sondern um die visuelle Erfassung städtischer Charakteristika – zu denen auch Passanten als Teil des urbanen Raums zählen können.
Meine Arbeitsweise ist von einem flanierenden Blick geprägt. Ich lasse mich durch die Stadt treiben, beobachte, halte fest. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit den fotografierten Orten erfolgt meist im Anschluss anhand von Fachliteratur und Zeitschriftenartikeln. So bin ich auch bei meinen fotografischen Streifzügen durch das Hansaviertel, den Kurfürstendamm oder die Hackeschen Höfe vorgegangen.
Vom 24. bis 29. April hielten meine Frau und ich uns in Frankfurt am Main auf. Als Inhaber einer Jahreskarte der Frankfurter Museen nutzten wir die Gelegenheit, mehrere Ausstellungen zu besuchen. Besonders eindrucksvoll war die Schau Michael Kerstgens: OUT OF CONTROL im Fotoforum Frankfurt.
Der deutsche Dokumentarfotograf Michael Kerstgens widmet sich seit den 1980er Jahren umfangreichen Langzeitprojekten, die gesellschaftspolitische Prozesse sichtbar machen. Die Ausstellung thematisiert unter anderem den strukturellen Wandel postindustrieller Räume sowie die Transformation zur Konsum- und Freizeitgesellschaft. Im Zentrum stehen dabei nicht nur Orte, sondern auch die Veränderungen der Menschen, die in diesen Lebenswelten agieren.
Eigene fotografische Arbeiten sind während dieses Aufenthalts nur in begrenztem Umfang entstanden. Einige Aufnahmen wurden im Europaviertel realisiert – einem Stadtteil, dessen architektonische Entwicklung ich seit Jahren mit Interesse verfolge. Inzwischen ist nahezu das gesamte Areal des ehemaligen Güterbahnhofs bebaut. Auf dem Gelände soll demnächst der sogenannte „Wasserturmpark“ entstehen – eine neue Grünanlage, deren namensgebender Wasserturm unter Denkmalschutz steht. Zum Zeitpunkt meiner Aufnahme war das Bauwerk mit Schutznetzen versehen, offenbar zum Erhalt der stark verwitterten Fassadenstruktur.
Am Sonntagmorgen führte uns ein Spaziergang an das Frankfurter Museumsufer, genauer: in das Liebieghaus. Eingebettet in einen der schönsten Gärten der Stadt, beherbergt das Museum eine bedeutende Sammlung von rund 3.000 Skulpturen, die Epochen vom Alten Ägypten über das Mittelalter bis zum Klassizismus umfassen. Mit seinem klaren Fokus auf die Bildhauerei zählt das Liebieghaus zu den international renommiertesten Museen seiner Art.
Mein besonderes Interesse galt an diesem Tag den sakralen Skulpturen. Ihre Ausdruckskraft, ihre Formenvielfalt und insbesondere die Gestaltung der Mimik faszinierten mich. Anders als in sakralen Räumen selbst, wo fotografische Arbeiten oft als Eingriff in die Stille und Andacht empfunden werden können, bot das museale Umfeld die Möglichkeit, die Skulpturen konzentriert und respektvoll ins Bild zu setzen. Ich habe versucht, mit der Kamera jene feinen Unterschiede im Ausdruck einzufangen, die zwischen Andacht, Leid, Erhabenheit und Entrückung changieren.